Call for Paper zur Tagung:
Zwischen Shanghai und Schützenfest
Globale Mobilität von Arbeitskräften im ländlichen Raum
Tagung des Kulturanthropologischen Instituts für das Oldenburger
Münsterland (KAI-OM), An-Institut der Universität Vechta
11.-13. Juni 2020
Der ländliche Raum steht momentan sehr im Fokus, doch hat er dabei mit
vielen Stereotypen zu kämpfen. Zuschreibungen über Ländlichkeit bewegen
sich dabei noch immer dichotomisch zwischen Landlustidylle bzw. dem Land
als Rückzugsraum für frustrierte Stadtmenschen – oder sie betonen
einförmig den abgehängten Raum ohne Bus, Geschäfte und Internet. Es ist
ein Blick aus der Stadt heraus. Sowohl in der Romanliteratur als auch in
den Kulturwissenschaften bleibt die Perspektive häufig in der
gegenstädtischen Idealisierung oder deren Gegenteil verfangen. Der
ländliche Raum gilt trotz aller Forschungen noch immer als Ort
traditionaler Gemeinschaften, der stabilen sozialen Beziehungen und
Hierarchien, der Verwandtschaft, der Religion, der Einbettung, der
verspäteten Zeit – nicht aber als Ort der Moderne.
Dass ländliche Regionen Gobal Player und Hidden Champions beherbergen
und vielschichtige Räume ökonomischer und kultureller Transformationen
sein können, gerät oft aus dem Blick. Auch Schlagworte wie Rurbanisation
oder Counterurbanisation resultieren aus dem urbanen Diskurs und
verlangen nach empirischen Untersuchungen aus der Akteursperspektive.
Das KAI-OM, ein neugegründetes kulturanthropologisch forschendes
Institut, hat dies zum Ziel. Entsprechend dem zentralen Interesse an
Ländlichen Modernen, dem das Institut nachgehen will, wird sich die
Tagung gerade mit einem wesentlichen Aspekt moderner Gesellschaften
beschäftigen: der globalen Mobilität. Während in der Stadtforschung seit
den 1990er Jahren Globalisierungsphänomene gezielt in den Vordergrund
gestellt wurden, ist die Forschung über die globale Einbindung
ländlicher Räume eher zurückhaltend. Immer noch wird davon ausgegangen,
dass ländliche Regionen vor allem den Wegzug kennen, während die Städte
wachsen. Fest steht aber, dass ländliche Gesellschaften durch
vielfältige Transformationsprozesse geprägt werden.
Bäuerliche Familienbetriebe werden zu gewerblichen Unternehmen umgebaut
oder müssen den Hof aufgeben. Der ländliche Schmiedebetrieb hingegen hat
sich z.B. längst zum Weltmarktführer im Landmaschinenbereich entwickelt
und bietet viele hundert Arbeitsplätze. Alle Formen der Agrarindustrie
rekrutieren Arbeitnehmer, die global unterwegs sind, als Berater, als
„Salesmanager“, als Monteure oder Erntehelfer. Am Ende einer Woche oder
einiger Monate in Shanghai, in Russland, in Chile oder in Moldavien
kehren die „Experten“ in die Ländlichkeit zurück. Saisonkräfte pendeln
zwischen ihrer Heimat in Polen, Rumänien oder Bulgarien und den
Großplantagen ihrer Arbeitgeber. Dies gilt in besonderem Maße für das
Oldenburger Münsterland. Globalität, Verkehr, Transport prägen die Region.
In ländlichen Räumen lässt sich somit eine Vielfalt von
Mobilitätsphänomenen beobachten, die in dieser Tagung genauer untersucht
werden sollen. Führen diese Prozesse der Moderne zur „Entbettung“ aus
lokaler Eingebundenheit? Entstehen durch permanente globale Netzwerke
über weite Entfernungen vom Standort unabhängige Raumbeziehungen,
transnationale oder transregionale Räume? Führt dieses Handeln zu einer
gewissen Ortlosigkeit als einem Kennzeichen der Globalisierung, zu
Formen von Global Mind oder zu kosmopolitischem Stress und bewusstem
Abstreifen des Globalen am Wochenende?
Wir würden uns über Beiträge freuen, die solche Phänomene globaler
ruraler Mobilität auch in anderen Regionen und Ländern untersuchen und
diskutieren.
Tagungsort: Universität Vechta
Vorschläge für Vorträge in Form eines kurzen Exposés reichen Sie bitte
bis zum 15.2. 2020 ein unter:
aka@kai-om.de
Prof. Dr. Christine Aka
Dr. Michael Schimek
Dr. Oliver Kozlarek
Kulturanthropologisches Institut für das Oldenburger Münsterland
Museumstr.25
49661 Cloppenburg
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* * * NEUE WEBSITE SEIT JUNI 2019 ONLINE: www.d-g-v.de * * *
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Deutsche Gesellschaft für Volkskunde e.V. (dgv)
Claus-Marco Dieterich | Geschäftsführer
c/o Institut für Europäische Ethnologie / Kulturwissenschaft
Deutschhausstr. 3 | D-35037 Marburg
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