SONSTIGES| Helfen Sie bei der Literaturversorgung: Zweitveröffentlichen/archivieren Sie …

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Werte Listenmitglieder,

die aktuelle Situation angesichts der Ausbreitung des Coronavirus/COVID-19 macht in zweifacher Hinsicht Mängel des wissenschaftlichen Publikationssystems deutlich: Ein beträchtlicher Teil der wissenschaftlichen Literatur zu Coronaviren und der aktuellen Pandemie ist nicht frei verfügbar [1], sondern befindet sich meist hinter Bezahlschranken. Dies behindert den schnellen wissenschaftlichen Austausch sowie den Zugang für die Allgemeinheit zu wissenschaftlichen Primärinformationen zur Krise des Gesundheitswesens relevanten Themen. Aufgrund der Schließungen von Bibliotheken können zudem Wissenschaftler:innen und Student:innen aktuell nicht auf die physisch vorhanden Printmedien, und damit einen Großteil der Bestände, zugreifen; für Nutzer:innen ohne Zugehörigkeit zu einer wissenschaftlichen Institution ist ferner häufig auch der Zugriff auf elektronische Ressourcen massiv beschränkt.

Bedarf an Literatur besteht obgleich der aktuellen Situation natürlich trotzdem. An der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin erreichen uns aktuell viele Anschaffungswünsche von Student:innen und Wissenschaftler:innen und wir arbeiten auf Hochtouren, um das Angebot im Bereich der E-Books und E-Journals zu erweitern. An vielen anderen Bibliotheken ist dies ebenso der Fall.

Auch Sie können in dieser Situation dazu beitragen, Literatur für Forschung und Lehre frei zugänglich zu machen, indem Sie Ihr Zweitveröffentlichungsrecht wahrnehmen oder die von Verlagen oftmals erlaubte Selbstarchivierung nutzen und eine Kopie Ihrer Artikel in Zeitschriften und Sammelbänden auf dem Repositorium/Publikationsserver ihrer wissenschaftlichen Einrichtung oder einem nicht institutionell gebundenen Repositorium bereitstellen. Damit nutzen Sie den sogenannten grünen Weg des Open Access. Dies gilt ganz unabhängig der aktuellen Situation, ist aber aktuell von besonderer Relevanz.

Damit leisten Sie nicht nur einen Beitrag zur Verbesserung der Literaturversorgung vor Ort. Repositorien garantieren die langfristige Archivierung und sorgen für die dauerhafte Auffindbarkeit und Zitierbarkeit durch die Vergabe eines persistenten Identifikators. Die Sichtbarkeit wird durch das Einspielen der Publikationsmetadaten in wissenschaftliche Suchmaschinen (bspw. OAIster, BASE) und natürlich auch über kommerzielle Suchdienste wie Google oder Bing erhöht.

Auch wenn die Artikel zuvor in Nicht-Open-Access Zeitschriften oder Verlagen erschienen sind, steht dies einer Zweitveröffentlichung nicht unbedingt im Weg:
Wenn Ihre Publikation im Rahmen eines öffentlich geförderten Drittmittelprojektes entstanden und in einer Zeitschrift erschienen ist, dürfen Sie seit 2014 gemäß § 38 Absatz 4 UrhG bereits 12 Monate nach dem Erscheinen die akzeptierte Manuskriptversion (= die letzte Version vor dem finalen Verlagslayout) zugänglich machen, sofern Sie auf das Original verweisen (was auf Repositorien und in der Manuskriptversion selbst stets möglich ist)
Unabhängig von der Förderung gestatten viele Zeitschriften bzw. Verlage die Veröffentlichung der akzeptierten Manuskriptversion nach einem Embargo von zwischen 6 und 24 Monaten. Sie können die Richtlinien für Ihre Zeitschrift mithilfe von SHERPA RoMEO überprüfen [2]. Maßgeblich bleibt aber immer der individuelle Verlagsvertrag. (Ein solches Embargo können Sie meist auch vor Ablauf schon im Repositorium hinterlegen. Der hochgeladene Beitrag wird dann erst zum entsprechenden Zeitpunkt freigeschaltet.)
Wenn Sie Ihren Artikel in einer Open-Access-Zeitschrift und/oder unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlicht haben oder Sie im Verlagsvertrag nur einfache, nicht aber exklusive Nutzungsrechte an den Verlag abgetreten haben, dürfen Sie Ihre Publikation ohne Embargofristen teilen.

Haben Sie das ausschließliche Nutzungsrecht für frühere Artikel oder Sammelbandbeiträge bereits an einen Verlag übertragen oder sind Sie sich bei (älteren) Printveröffentlichungen nicht sicher bezüglich einer möglichen digitalen Zweitveröffentlichung, so können Sie beim jeweiligen Verlag eine formlose Anfrage stellen, ob Sie eine Kopie auf einem Schriftenserver einstellen dürfen. Hierfür stellen einige Universitätsbibliotheken Vorlagen bereit [3]. Oftmals sind gerade kleinere Verlage sehr kooperativ. Auch bei bereits vergriffenen und nicht mehr nachgedruckten Werken sind Verlage oftmals positiv gesinnt.

Die Bibliothek Ihrer wissenschaftlichen Einrichtung unterstützt Sie sicher gerne bei einem solchen Vorhaben und hilft Ihnen beispielsweise bei der Frage, ob eine Publikation nach gültigem Recht bzw. Verlagsvertrag auf dem institutionellen Repositorium frei zur Verfügung gestellt werden darf. Unter dem Stichwort ‚Open Access‘ finden Sie auf den Webseiten der Bibliothek Ihrer Einrichtung in der Regel schnell die relevanten Informationen und Ansprechpersonen. Die Webseite Open-Access.net [4] bietet eine sehr gute Anlaufstelle für weitere und grundlegende Informationen. Es gibt ferner viele weitere Hilfsmittel, wie beispielsweise das Online-Werkzeug Dissemin [5], das Ihnen bei der Prüfung Ihrer Publikationen und dem Ablegen auf einem Repositorium hilft.

Neben Artikeln können Sie auf Repositorien in der Regel übrigens auch andere Veröffentlichungen wie beispielweise Konferenzbeiträge (Vorträge, Poster, und Präsentationsfolien) Reports, Tagungs- oder Forschungsberichte und natürlich Qualifikationsarbeiten einstellen.

Nutzen Sie die Vorteile einer Zweitveröffentlichung oder Selbstarchivierung einer Publikation, die es für Sie selbst [6, 7] und all diejenigen bietet, die an Ihren Beiträgen interessiert sind – es entstehen Ihnen keine Kosten und der Eigenaufwand ist übersichtlich. Auch wenn Sie erstmal nur mit einem Ihnen besonders wichtigen Artikel beginnen ist das gut. Fragen beispielsweise Student:innen Sie immer wieder nach dem einen Aufsatz von Ihnen aus einem Sammelband, fangen Sie mit diesem an.

Mit besten Grüßen,
Marc Lange

[1] blogs.lse.ac.uk/impactofsocialsciences/2020/03/05/the-coronavirus-covid-19-outbreak-highlights-serious-deficiencies-in-scholarly-communication/ <blogs.lse.ac.uk/impactofsocialsciences/2020/03/05/the-coronavirus-covid-19-outbreak-highlights-serious-deficiencies-in-scholarly-communication/>
[2] v2.sherpa.ac.uk/romeo/ <v2.sherpa.ac.uk/romeo/>
[3] bspw. die Vorlagen der Universität Kassel: www.uni-kassel.de/ub/fileadmin/datas/ub/publizieren/Anschreiben_Repository_de.pdf <www.uni-kassel.de/ub/fileadmin/datas/ub/publizieren/Anschreiben_Repository_de.pdf> (deutsch), www.uni-kassel.de/ub/fileadmin/datas/ub/publizieren/Anschreiben_Repository_en.pdf <www.uni-kassel.de/ub/fileadmin/datas/ub/publizieren/Anschreiben_Repository_en.pdf> (englisch)
[4] open-access.net <open-access.net/>
[5] dissem.in/ <dissem.in/>
[6] open-access.net/informationen-zu-open-access/gruende-und-vorbehalte <open-access.net/informationen-zu-open-access/gruende-und-vorbehalte>
[7] www.scienceopen.com/collection/996823e0-8104-4490-b26a-f2f733f810fb <www.scienceopen.com/collection/996823e0-8104-4490-b26a-f2f733f810fb>

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